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4.6 Auf deine Verantwortung

Lesedauer: 4 Minuten

Sobald wir die Verantwortung für etwas nicht so Gutes übernehmen sollen, werden wir Menschen überragend kreativ. Negatives schieben wir gerne von uns, am liebsten anderen in die Schuhe.

Dazu lügen und betrügen wir unsere Mitmenschen. Gottheiten wurden hauptsächlich aus der Unfähigkeit heraus erfunden, bestimmte Sachverhalte zu erklären und vor allem zu belegen. Der glaube an Thor oder Wotan, der die Blitze schleudert und es regnen lässt, ist passé, seit wir wissen, wie Regen und Gewitter entstehen. Aller Unbill der Natur wurde vor Jahrtausenden gerne Vulkangöttern oder ähnlichen Gestalten angehängt und gleich dazu ein Ritual erfunden, das sie milde stimmen sollte. Die überlieferten Menschen- oder Tieropfer, die so lange durchgeführt wurden, bis es endlich regnete, der Boden aufhörte zu beben oder der Vulkan dann doch endlich ausbrach und alles Leben auslöschte, sollten dir auch bekannt sein. Die An- und Abwesenheit von Göttern wurde anhand der Ergebnisse von Kriegen ermittelt. Manchmal waren die Götter auf unserer Seite oder eben auch nicht. Je nachdem, ob wir gewonnen oder verloren haben.

Viele Gläubige machen ihre Götter für irgendwelche Taten und Umstände verantwortlich oder erhoffen sich von ihnen zumindest die Vergebung ihrer negativen Handlungen, die sie oft in voller Absicht ausführen. Mit der Vergebung des Gottes wollen sie um die Konsequenzen herumkommen.

Genauso verhält es sich aber auch mit gegenseitigen Beschuldigungen oder noch lieber der Abgabe der Eigenverantwortung an andere Menschen. Soldaten und Bedienstete im öffentlichen Sektor sollen am besten keine eigenen Entscheidungen treffen, also sind sie für ihr Handeln auch nicht verantwortlich. Angestellte in Privatfirmen sehen die Verantwortung häufig beim direkten Vorgesetzten oder bei der Firmenleitung. In vielen Familien beherrschen gegenseitige Schuldzuweisungen den Alltag.

Oft werden allgemeine Umstände für die eigenen Handlungen zur Verantwortung gezogen. Unbewusst lebende Menschen geben gerne der Gesellschaft, den sozialen Verhältnissen ihres Wohnorts, den fehlenden Mitteln, wie Geld und Güter, dem Wetter, den Politikern oder dem Fernsehprogramm die Schuld an ihren eigenen Handlungen. »Ich konnte ja nicht anders, die wollen es ja so«, habe ich schon oft gehört. »Der Staat will betrogen werden. Die Politiker belügen und betrügen uns ja auch. Die Reichen sind Schuld, dass ich mir nicht alles leisten kann, was ich haben will. In diesem Viertel kann man ja gar nicht anders, als so und so zu handeln.«

Die katholische Kirche hat schon sehr früh erkannt, dass der Mensch zwar gerne mal lügt oder etwas von der Gesellschaft als negativ Angesehenes tut, danach aber zur Erleichterung des Gewissens darüber sprechen möchte. Sie führten die Beichte ein und versprachen den Gläubigen, das Gespräch mit dem Priester bleibe geheim. Durch die Beichte würden die Lügen und Taten vom höchsten Richter (Gott) vergeben, wenn man Reue zeige und Buße tue in Form von sozialen Handlungen und Gebeten. Der irdische Richter über die Strafe war dann der Priester.

Das half dabei, das soziale Gleichgewicht aufrecht zu erhalten, und minderte die Anzahl der Wiederholungstaten. Obwohl manche Menschen auch genau gegenteilig verfuhren und die Beichte als Freifahrtschein für schlechtes Verhalten nutzen. Besonders skurril ist hier die Zeit der Ablassverkäufe. Man konnte sich mit genügend Geld die Bußen ersparen, die der Priester dem Sünder nach der Beichte auferlegte. Man kaufte sozusagen echte Freifahrtscheine für Sünden. Das ging auch im Voraus. Also erst zahle ich die Strafe und begehe dann meine Sünde. Das wäre so, als würde man zehn Knöllchen für Falschparken bei der Stadtverwaltung kaufen und dann eben zehnmal falsch parken, wenn es gerade passt.

Wir sind ganz groß darin, uns aus der Affäre zu winden, uns und andere zu belügen, um die Verantwortung zu meiden.

Bei all diesen Versuchen wirst du jedoch immer daran erinnert, dass es die Möglichkeit gab entweder die Handlung zu unterlassen oder anders zu handeln. Du hättest den Arbeitgeber wechseln können, wenn dir die Handlungsweise deines Chefs nicht gefällt. Du hättest erst gar nicht Beamter werden müssen, wenn du nicht dazu bereit bist, die Konsequenzen deines Handelns selbst zu tragen. Du hättest nicht Steuern hinterziehen, Menschen betrügen, stehlen oder überfallen müssen, sondern deine Ansprüche an deine Möglichkeiten anpassen können. Du hättest nicht Lügen müssen, um dich aus der Affäre zu ziehen. Du hättest die Umstände auf andere Weise beeinflussen können, als du es getan hast.

Und egal, wie sehr du in deinem Denken und deinem Verstand die Verantwortung abgibst, in deinem Unterbewusstsein trägst du sie sowieso. Alle Erlebnisse prägen dich, deine Wahrnehmung und dein weiteres Verhalten im Leben. Dein Verstand mag sich herauswinden, aber dein Unterbewusstsein weiß Bescheid und serviert dir die Tatsachen gerne in unbewussten Momenten, wie kurz vor dem Einschlafen oder in deinen Träumen. Diesen Mechanismus kannst du nicht aushebeln, da du keinerlei Kontrolle darüber hast. Selbst der bewussteste Mensch kommt nicht an diese Grundeinstellung heran. Ihm ist das jedoch auch bewusst und deswegen übernimmt er für all seine Handlungen die Verantwortung.

Er weiß, dass er sowieso nicht darum herum kommt. Der Versuch, die Verantwortung an jemand anderen zu übertragen, gleicht einer Lüge. Du belügst dich damit nur selbst.

Dagegen ist es ein gutes Gefühl, die Wahrheit zu sagen und zu seinen Handlungen zu stehen. Es gibt psychologische Studien, die belegen, wie stark unser Belohnungssystem darauf reagiert, wenn wir die Wahrheit sagen, nachdem wir eine ganze Zeit lang gelogen haben. Uns fällt im wahrsten Sinn ein Stein vom Herzen. Wir fühlen uns leichter und freier. Die meisten Straftäter wollen ihre Tat gestehen, um die Schuld endlich wirklich loszuwerden und sich wieder gut zu fühlen. Meist reicht ein wenig Druck und einige Beweise ihrer Tat dazu aus, damit sie mit der Wahrheit herausrücken.

Die Wahrheit findet immer einen Weg ans Tageslicht.

Du kommst nie an dir selbst vorbei, deswegen sei wenigstens dir gegenüber ehrlich, auch wenn du alle anderen belügst. Das ist der erste Schritt, zu deinen Handlungen zu stehen. Es wird sich durchweg positiv auf dein Leben und deine zukünftigen Handlungen auswirken. Nach und nach wirst du erfahren, wie einfach es ist, auch anderen gegenüber die Verantwortung für dich zu tragen. Es wird dir Respekt und Anerkennung einbringen. Die Anderen werden dich als starken und dir selbst bewussten Menschen wahrnehmen und ganz anders auf dich reagieren, als es der Fall war, während du dich selbst und sie belogen hast.